Interview-Binder_Seite_2

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20 Jahre nach Überwindung des Pubertiers haben sich Christian und Steiner wieder zusammengerauft um mit der neuen Gegenwartsverdauungsmaschine “RADIOBAR” Wege und Umwege zu suchen und darin zu verschwinden. Titel des Gesamtbildes: Seitenblick auf Leinwand, mit Augenzwinkern und Röhre. Lasiert, 2014 in schwerem Goetherahmen. SESSIONS wollte wissen wer besser tanzen kann, wer welche Rolle hat und was das ganze eigentlich soll – und treffen die beiden im „Pik Dame“, einer Stangentanzbar mitten in Frankfurts Rotlichtbezirk.

Sessions: Christian warum hier?

Christian: Weil hier keiner besser tanzt als wir.

Steiner: . . . und weil wir nur noch durchschnittlichen Weißwein vertragen.

Session: Ist das auch ein Teil der Milieustudie, die viele in eure Texte hineingeheimnissen?

Steiner: Die betreiben wir ja selbst an uns ! Christian schaut mir zu und schüttelt den Kopf und
ich steh fassungslos vor seinen…

Christian: ICH steh` fassungslos vor DEINEN . . .

Steiner: Du verstehst mich wieder nicht . . .

Christian: Zieh doch aus wenn Du . . .

Sessions: Gut, Multipolarität tut ja jeder Band gut.

Beide: Was mischst Du Dich da jetz ein?! Du bist doch nur wegen den Möpsen hier! Und der
Verlag zahlt alles, wa? Bei uns is alles sehr sehr klar.

(Durchgesagt wird Tänzerin „Anita“ – betritt die Bühne)

Christian: Ouh verdammt, Steiner halt mich! Wer bestellt noch was? Was war die Frage?

Sessions: Was war denn der neue wesentliche Aspekt bei „Dolch und Vita“?

Steiner: Jeder von uns beiden hat ja zwischendrin über die Jahre der Abwesenheit für sich weitergefrickelt – Christian hat sogar einen Tonträger gemacht und ich habe auch weiter Songs geschrieben über die kontemplative Phase nach den exzessiven Momenten, die nur temporär . . .

(Steiner monologisiert seitenlang wenig verständlich, während Christian, „Anita“ aufmunternd
zuzwinkert und nickt – aus Platzgründen lassen wir`s mal – weg halt*)

“Wir sind zwei Alpha-Äffchen die sich permanent unberechtigt auf die Brust klopfen . . .”

Christian: Eigentlich willste doch sagen, dass der deutschsprachige Rock nur noch wenig kraftvolle
Impulse sendet – neben SPORT vielleicht und den NERVEN, und das Ende des Liedes nicht metapherbetuliches Singsang sein kann . . . Oder?

Sessions: Genau. Oder?

Steiner: Ihr versteht mich Jungs. Wodka?

Sessions: Gern. Gibt`s ne . . . (verschüttet Weißwein) . . . scheiße, sorry. Also, gibt`s ne – was
gibt`s denn mal . . .?

Steiner: Ne Rollenverteilung in der Band? Sure. Christian ist ein perfektionistischer extatischer
Missionar in Sachen Songwriting/Melodie/Soundkreativität. . .

Christian: . . . und er schrabbelt und singt Zeugs vom Kometen 67P. Haste den Wodka eigentlich
bestellt?

Steiner: I did, my love.

Christian: Ich liebe dich.

(Beide kuscheln und murmeln unverständlich. An der Stange ist jetzt „Melinda“ – beide flüstern)

Sessions: Sorry kurz. Wen wollt ihr erreichen mit „Dolch und Vita“? Und sind zwei Mann genug
dafür?

Christian: (Wodka trinkend und bestellend) Der Punkt ist, dass ich nach wie vor an die schwere
Gitarre glaube – auch auf H und D gestimmt – und die Texte sind es auch. Das hat eine konstruktive
Melancholie und Gewalt zu der alle „Voice-of-Germany-brain-Geschädigten“ im letzten Moment
greifen können, um auf die gute Seite der Macht zu gelangen. . . War das gut?

Steiner: Du bist einzigartig Cherie. Ich selber bin ja ein Jünger der Hamburger Schule und habe das
Dahinschweilen diener . . . pardon (trinkt) Dahinscheiden dieser Szene, als großen Verlust erlebt.
Weil es zwischen den ganzen Hansi Hinterseelers und seelerinnen noch glaubhafte inspirierende
Stimmen gab . . .

Christian: Hinterseher. . .

Steiner: Hitlerversteher – mir wurst. Wollen wir noch `nen Döner nachher? (C. nickt)

“Das hat eine konstruktive Melancholie und Gewalt…”

Sessions: Aber nur zwei Mann?

Christian: Wir sind zwei Alpha-Äffchen die sich permanent unberechtigt auf die Brust klopfen . . .
Aber wir hätten auch Frauen in der Band akzeptiert.

Steiner: NUR Frauen!! Wodka?

Sessions: Bin voll, danke. Eins noch: Wie steht es um das Gerücht, dass Helene Fischer euch als
Support für die Stadiontournee „Farbenspiele“ 2015 haben wollte?

Steiner: Du?

Christian: Ich?

Steiner: Du.

Christian: Wir haben gecancelt. „Atemlos“ war ursprünglich auf unsrer ersten Demo-CD 1995
„Programm nach deiner Wahl“. Steiner fands zu flach damals . . .

(S. nestelt betroffen am Tischtuch).

Sessions: Ach so – jetzt wissen wir das auch. Danke fürs Gespräch.